Das katholische Paderborner Sozialunternehmen IN VIA St. Lioba gewinnt den Sonderpreis des „Innovative Berufsbildung e.V.“ für ihr Projekt zur „Sicherung der fachpraktischen Reha-Ausbildung durch Virtual Reality“. Die Preisverleihung fand am 11.10.2022 in Stuttgart statt.
Umgesetzt wurde das Projekt von der UNITY Consulting & Innovation. Die UNITY verfügt über jahrelanges Know-How in der Digitalisierung von Prozessen und der digitalen Fabrikplanung. Mit der Unterstützung konnte eine moderne VR-Anwendung entwickelt werden.
Das Projekt wurde mit Mitteln der Stiftung Wohlfahrt NRW gefördert und konzipiert, um Auszubildenden mit Handicap während der Coronapandemie die Möglichkeit zu eröffnen, auch außerhalb der Werkstätten und unabhängig vom Einsatz von Material und Maschinen im Rahmen ihrer fachpraktischen Ausbildung prüfungsrelevante Ausbildungsinhalte zu vertiefen.
„Mit Virtual Reality schaffen wir soziale Innovation und einen Mehrwert für die Ausbildung junger Menschen“, so Christoph Klausing, Geschäftsführer der IN VIA St. Lioba gGmbH. Er verbindet die Preisauszeichnung mit einem Plädoyer an Verantwortungsträger:
„Für junge Menschen mit Handicap wird es immer schwieriger. Es gibt keine passenden Unterstützungsangebote, damit Menschen mit geistigen und psychischen Einschränkungen eine praktische Ausbildung erhalten. Viele Jugendliche versauern in schulischen Maßnahmen statt an der Werkbank den Grundstein für ihre berufliche Zukunft zu legen. Politik muss da umsteuern.“
Christoph Klausing, Geschäftsführer der IN VIA St. Lioba gGmbH
Für das Projekt wurden zum Beispiel im Bereich der Holz- und Malerarbeiten einzelne Arbeitsgänge durch Virtual Reality detailliert eingespielt, so dass die Jugendlichen sämtliche Arbeitsabläufe in einer VR-Umgebung ausführen können. Der Einsatz der VR-Technik ermöglicht es, neben dem Sammeln wertvoller Erfahrungen, spielerisch an die Arbeiten und Lerninhalte heranzugehen und durch die Einsparung von Holz und Farbe Ressourcen nachhaltig zu schonen. Gleichzeitig wird die virtuelle Welt als real und greifbar empfunden. Dies steigert die Motivation der Jugendlichen, mit der Umgebung zu interagieren, lässt Arbeitsabläufe natürlich erscheinen und vertieft den Lerneffekt. Das Projekt stellt einen wichtigen Schritt zur Digitalisierung von Fachpraktikerausbildungen dar.
Nach Auffassung der Jury ist das Projekt in hohem Maße innovativ. Die Jury hebt insbesondere den Vorbildcharakter des Projektansatzes hervor, der auch für andere Bereiche der Fachpraktikerausbildungen genutzt werden kann.
Das Projekt wurde maßgeblich gestaltet durch die jungen Auszubildenden bei IN VIA St. Lioba sowie durch die Ausbilder Herr Vössing und Herr Müller sowie die Projektverantwortliche Frau Steinig.
Seit den 1970er Jahren werden bei IN VIA St. Lioba gGmbH Maßnahmen zur beruflichen Bildung und Eingliederung durchgeführt. Vielen jungen Menschen wurde so der Sprung in das Berufsleben ermöglicht. IN VIA St. Lioba ist ebenso in Paderborn bekannt für ihre Mutter- und Kind-Einrichtung sowie sozialpädagogische Familienhilfen und ein inklusives gastronomisches Angebot und Gartenbau.
Die Preisverleihung erfolgte in Stuttgart: „Nachhaltigkeit und Digitalisierung in der Aus- und Weiterbildung: Neue Konzepte und Umsetzungen“ – so lautete das Thema des diesjährigen Wettbewerbs um den „Hermann-Schmidt-Preis“. Der Verein „Innovative Berufsbildung“ identifizierte und prämierte nach zweijähriger coronabedingter Unterbrechung damit wieder gezielt vier Projekte, die beispielhafte Konzepte und Modelle entwickelt und in der Praxis erfolgreich umgesetzt haben. Die Wahl des Wettbewerbsthemas erfolgte vor dem Hintergrund, dass Nachhaltigkeit und Digitalisierung als wichtigste Treiber des Wandels in Wirtschaft und Gesellschaft gelten und beide Themen zudem ein erhebliches Potenzial zur Modernisierung und zur Steigerung der Attraktivität der Berufsbildung aufweisen.
Der 1996 gegründete Verein „Innovative Berufsbildung e.V.“ – getragen vom Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) in Bonn sowie wbv Media in Bielefeld – hat sich zum Ziel gesetzt, mit dem Hermann-Schmidt-Preis auf innovative Ansätze in der Berufsbildungspraxis aufmerksam zu machen, diese zu fördern und als gute Beispiele zur Nachahmung zu empfehlen. Namensgeber ist der frühere Präsident des BIBB, Prof. Dr. Hermann Schmidt, der das Institut von 1977 bis 1997 leitete. Die Preisverleihung fand am 11. Oktober 2022 auf dem Jahreskongress Berufliche Bildung („jakobb“) in Stuttgart statt.
Foto v.l.n.r.: Prof. Dr. Friedrich Hubert Esser (Präsident des BIBB), Christoph Klausing (Geschäftsführer IN VIA St. Lioba), Dieter Vössing (Ausbilder IN VIA St. Lioba), Dieter Müller (Ausbilder IN VIA St. Lioba), Arndt Bertelsmann (Inhaber wbv media)